Viele Sachbuchautoren kommen zu mir, wenn sie schon ein gutes Stück Weg gegangen sind: Idee klar, teilweise schon geschrieben, vielleicht sogar fertig – aber die Antworten der Verlage klingen alle ähnlich: „spannend, aber passt nicht ins Programm“, „zu breit angelegt“ oder gar keine Rückmeldung. In der Tiefe liegt das Problem fast nie beim Manuskript, sondern fast immer beim Exposé. Und zwar nicht, weil du „nicht schreiben kannst“, sondern weil du ein paar typische Exposé-Fallen nicht kennst.
Lass uns diese Fallen einmal sortieren – aus der Sicht eines Lektorats und aus deiner Sicht als Unternehmer, Berater, Coach oder Experte, der ein Sachbuch schreiben oder ein Fachbuch schreiben will, das ins Programm passt und zum eigenen Business.
1. Fehler: Kein echter Nutzenkern & eine Zielgruppe, die „alle“ meint
Der erste Exposé-Killer hört sich harmlos an. Er beginnt mit Sätzen wie „Ich möchte Menschen inspirieren …“ oder „Mein Buch richtet sich an alle, die sich für … interessieren“. Das liest sich nett, hilft aber niemandem im Verlag, dein Projekt einzuordnen. Ein Lektor denkt in Bildern: Wer steht im Buchladen oder surft online, hat welches Problem – und warum greift diese Person ausgerechnet zu diesem Titel?
Wenn dein Exposé diese Frage nicht in einem Satz beantwortet, sondern in Wolken („Menschen in Veränderung“, „Unternehmer, Führungskräfte und alle, die …“), wirkt es schwammig. Du willst vielleicht bewusst offen bleiben. In der Realität bedeutet das: Niemand fühlt sich wirklich gemeint.
Genauso kritisch ist es, wenn dein Nutzenkern ungreifbar bleibt. „Mut machen“, „Orientierung geben“ oder „ein neues Bewusstsein schaffen“ können Ziele sein – aber sie reichen als Exposé-Text nicht. Ein starkes Exposé benennt mindestens eine konkrete Bewegung im Leben deines Lesers: „Vorher …, nachher … – sichtbar an …“.
Beispiel:
- Schwach: „Das Buch will Menschen zu einem neuen Umgang mit Stress inspirieren.“
- Stark: „Das Buch zeigt Selbstständigen mit kleinem Team, wie sie innerhalb von sechs Wochen drei konkrete Stressfallen eliminieren – sichtbar an weniger Nachtarbeit, weniger Schuldgefühlen und klareren Prioritäten im Kalender.“
Wenn du dein Exposé schreibst, prüfe dich selbst knallhart:
Kannst du in einem klaren Satz sagen, für wen du dieses Sachbuch schreiben willst und woran man den Unterschied nach der Lektüre erkennt? Wenn nicht, liegt hier dein erster Hebel – lange bevor du an „Verlag finden“ oder „Sachbuch veröffentlichen“ denkst.
2. Fehler: Marktbild, Gliederung und Probekapitel sind nur „gefühlt“ stimmig
Der zweite Block von Fehlern dreht sich darum, wie dein Exposé in den Markt fällt. Viele Exposés tun so, als gäbe es drumherum keine anderen Bücher: Entweder wird das Thema als völlig neu dargestellt („Das gab es so noch nie“) oder der Markt wird in zwei Sätzen abgehandelt. In der Realität hat jedes Regal schon Titel – die Frage ist nicht, ob du „einzigartig“ bist, sondern wodurch du dich unterscheidest.
Typischer Fehler: Du listest ein paar Bestseller und Klassiker, schreibst dazu „mein Buch geht weiter / ist moderner / ganzheitlicher“ – und hoffst, dass das reicht. Aus Verlagssicht tut es das nicht. Ein gutes Marktbild benennt genau:
- welches Problem die bestehenden Titel gut lösen,
- welche Zielgruppe sie im Kern adressieren,
- und wo dein Buch mit seinem Nutzenkern eine erkennbare Lücke schließt.
Genauso wichtig ist eine Gliederung, die keine Themen-Sammlung ist. Viele Autoren kippen einfach ihr Inhaltsverzeichnis ins Exposé: 15–20 Kapitel, oft mit Überschriften wie „Einführung“, „Grundlagen“, „Fazit“. Für ein Lektorat sieht das nach viel Arbeit und wenig Struktur aus. Starke Gliederungen liefern pro Kapitel einen Ergebnissatz: „Am Ende dieses Kapitels kann der Leser … – sichtbar an …“. So erkennt der Verlag sofort, wie sich dein Buch durch den Kopf des Lesers bewegt.
Und dann das Probekapitel. Hier passieren drei klassische Fehler:
- Du hängst dein absolutes Lieblingsthema rein – aber es ist eine Randnotiz im Buch.
- Du nimmst das Vorwort, weil es „so schön persönlich ist“.
- Du schickst eine Textprobe, die stilistisch noch roh ist oder fachlich schon zu tief.
Ein Probekapitel ist keine Kostprobe wie ein Häppchen auf einer Messe, sondern die Beweisstelle für dein Nutzenversprechen. Es sollte eine typische Situation deiner Zielgruppe zeigen, einen Ausschnitt deines Weges abbilden und am Ende ein erkennbares Ergebnis liefern. Wenn das Probekapitel nicht zu deinem Nutzenkern passt, ruiniert es dir den stärksten Teil deiner Argumentation.
3. Fehler: Vita, Social Proof und Veröffentlichungsweg sind inkonsistent
Die letzten drei Fehler klingen weich, haben aber oft den größten Impact auf den Verlagsentscheid – und auf deine eigene Strategie.
Falsche oder schwache Vita: Entweder du erzählst deine komplette Lebensgeschichte („schon als Kind habe ich …“) oder du gehst so sehr in die Bescheidenheit, dass niemand versteht, warum ausgerechnet du dieses Sachbuch schreiben solltest. Beides macht es einem Lektorat schwer. Eine starke Vita ist kurz, themennah und prüfbar: Welche Erfahrungen, welche Rollen, welche Projekte haben direkt mit dem Stoff zu tun? Wie viele Jahre? Mit welcher Art von Kunden, Patienten, Mandanten?
Frage dich: Wenn jemand dich nur über diese Vita kennen würde – würde er dir das Thema abnehmen?
Social Proof ist die nächste Stolperfalle. Auf der einen Seite stehen überdrehte Behauptungen („tausende begeisterte Kunden“, „führender Experte“), auf der anderen Seite völliges Schweigen. Beides macht misstrauisch. Verlage mögen belastbare, kleine Signale:
- konkrete Vortragsformate,
- real existierende Newsletter oder Podcasts,
- echte Referenzen und Cases.
Du musst keine Reichweiten-Millionen vorweisen, aber du solltest zeigen können, dass du schon mit echten Menschen gearbeitet hast – und dass es einen Anschluss für Buchverkauf, Lesungen, Vorträge gibt.
Und dann ist da noch der Veröffentlichungsweg. Viele Autoren denken: „Ich will mein Sachbuch veröffentlichen, am liebsten im Verlag. Wenn keiner zusagt, mache ich Selfpublishing – aber darüber rede ich nicht.“ Aus meiner Sicht ist das der falsche Ansatz. Du solltest schon beim Exposé verfassen eine Idee davon haben, welche Wege für dich wirklich infrage kommen:
- Klassischer Verlag, wenn Reichweite, Programmfit und Positionierung über das Haus laufen sollen.
- Agentur, wenn du in mehrere Richtungen denken willst und dein Thema Mainstream-Potenzial hat.
- Selfpublishing wenn du maximale Kontrolle und klare Business-Strategie rund ums Buch hast.
Wenn du dein Exposé klug schreibst, kannst du alle drei Wege offenhalten, ohne unglaubwürdig zu werden – aber nur, wenn innerlich klar ist, was für dich Priorität hat: Logo auf dem Cover, Geschwindigkeit, Kontrolle, Marge, Lead-Gen, Fachpositionierung.
Genau an diesen Punkten arbeiten wir in meinen Coachings immer wieder: Nutzenkern schärfen, Zielgruppe konkret machen, Marktbild und Gliederung auf Linie bringen, Probekapitel strategisch wählen, Vita und Social Proof glaubwürdig formulieren und den Veröffentlichungsweg bewusst entscheiden. Aus diesen Erfahrungen ist „Das perfekte Exposé“ entstanden – als System, mit dem du diese sieben Fehler vermeiden kannst, bevor du dein Projekt zum ersten Mal irgendwo einreichst.
Wenn du gerade mit dem Gedanken spielst, ein Sachbuch zu schreiben oder dein Fachbuch in den Markt zu bringen, nimm dein Exposé ernst. Es ist kein lästiges Formular, sondern der Ort, an dem sich entscheidet, ob dein Buchprojekt in sich stimmig ist – für dich, für deine Leser und für jedes Lektorat, das es in die Hände bekommt.
Über Markus Coenen:

Markus Coenen ist Autorencoach und Wirkungsfährmann. Als Autor, Redner und Interview-Host folgt er seiner Mission und teilt das Wissen seiner Klienten und das eigene.
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