Wenn Markus Coenen über Buchtitel spricht, benutzt er Bilder aus völlig anderen Welten. „Dein Titel ist die erste Kugel im Magazin“, sagt er, „wenn die nicht trifft, kommst du gar nicht erst ins Spiel.“ Coenen arbeitet als Coach für Autor:innen und Expert:innen, die mit ihren Sach- und Fachbüchern etwas bewegen wollen – fachlich, aber auch menschlich.
Ihm geht es um ehrliche Positionierung, Klarheit und echte Verbindung zwischen Autor:in und Leser:in. Und genau darin sieht er den Buchtitel als entscheidende Schnittstelle: „Auf ein paar Zentimetern Cover verdichtet sich das ganze Versprechen eines Buches.“
Woran die meisten Bücher scheitern
Im Gespräch wird schnell klar, dass es ihm nicht um Wortspiele oder hübsche Etiketten geht. Coenen hat in den letzten Jahren unzählige Manuskripte, Exposés und Buchideen gesehen und immer wieder erlebt, wie starke Inhalte an schwammigen Titeln scheitern.
„Da steckt ein kluges, mutiges Buch dahinter, aber auf dem Cover steht etwas, das genauso gut auf zwanzig andere Projekte passen könnte. Das ist, als würden alle im gleichen grauen Anzug zum Vorstellungsgespräch gehen.“
Für viele Autor:innen, erzählt er, fühlt sich Titelarbeit zunächst wie eine lästige Pflicht an. Erst wenn sie merken, wie sehr sich über den Titel Zielgruppe, Nutzenversprechen und Ton des Buches sortieren, kippt die Stimmung meist in Begeisterung. Das ist übrigens bei der Positionierung eines Experte nicht anders. Da sind wir dann bei Claim und Pitch.
Faszination: Buchtitel
Auf die Frage, was ihn an Titeln so fasziniert, antwortet Coenen ohne zu zögern:
„Titel sind die ehrlichste Form von Marketing. Sie funktionieren oder sie funktionieren nicht – und zwar in Sekunden.“
Leser:innen in Buchhandlungen, auf Amazon oder in Social Media hätten weder Zeit noch Geduld, sich durch lange Klappentexte zu kämpfen, bevor sie eine Entscheidung treffen.
Der Titel schickt die erste Kugel: Er macht neugierig, stößt ab oder bleibt unsichtbar. „Mich interessiert dieser Moment, in dem ein Buch entweder zur Option wird – oder nie die Chance bekommt.“
Warum Buchtitel zur Schlüsselfrage wurden
Dass aus dieser Faszination irgendwann ein eigenes System werden würde, war zunächst nicht geplant. Coenen erzählt, wie er im Autorencoaching und Beratungsgesprächen immer wieder an denselben Punkt kam:
„Egal, ob wir über Positionierung, Personal Branding oder Buchmarketing gesprochen haben – am Ende landeten wir beim Titel. Der Titel war die Stelle, an der plötzlich alles zusammenlief oder auseinanderfiel.“
Mit der Zeit begann er, Muster zu sammeln: Was machen starke Titel anders? Warum bleiben manche im Kopf, während andere schon auf dem Weg zur Kasse verblassen?
Aus Notizen wurden Skizzen, aus Skizzen Folien, aus Folien schließlich ein Buch:
„Die Buchtitel-Strategie“. Darin beschreibt Coenen Buchtitel-Arbeit als Prozess mit klaren Bausteinen statt als genialen Zufallsmoment. Er spricht von drei Ebenen, auf denen ein guter Titel arbeitet: Klarheit, Kante, Kontrolle. Klarheit, weil Leser:innen in einem Satz verstehen müssen, worum es geht und wozu dieses Buch in ihrem Leben gut ist. Kante, weil ein Titel ohne Wiedererkennungswert in der Masse der Neuerscheinungen untergeht. Kontrolle schließlich, weil ein Titel nicht im stillen Kämmerlein beschlossen werden sollte, sondern seinen Test im echten Kontext braucht – im Gespräch, in Zielgruppenrunden, im Umfeld anderer Titel.
Titelentwicklung
Im Interview beschreibt Coenen diesen Weg so: „Am Anfang steht fast immer ein Arbeitstitel, der sich ‚richtig‘ anfühlt, aber noch nichts leistet. Dann beginnen wir, diesen Titel auseinanderzunehmen: Welche Leser:in sehe ich vor mir? Welche Veränderung verspricht dieses Buch wirklich? Welches Bild trägt dieses Versprechen?“ Aus dieser Arbeit entstehen oft Varianten, die mutiger, klarer und fokussierter sind als der erste Impuls. Die Buchtitel-Strategie sei dabei weniger ein Korsett als eine Landkarte, erklärt er: „Ich will Autor:innen nicht vorschreiben, wie ihr Titel zu klingen hat. Ich will ihnen zeigen, welche Wege es gibt und wo man erfahrungsgemäß im Sumpf landet.“
Drei Fragen aus der Buchtitel-Strategie – ein Mini-Coaching
Zum Schluss des Gesprächs stellt sich die naheliegende Frage: Was können Leser:innen von BuchInsider aus der Buchtitel-Strategie sofort für sich mitnehmen? Coenen lächelt und sagt: „Ich arbeite mit vielen Werkzeugen, aber drei Fragen tauchen so gut wie immer auf.“
Die erste Frage richtet den Blick auf den Kern des Buches:
Wenn dieses Buch seine Aufgabe erfüllt – was kann eine konkrete Person danach in ihrem Alltag anders?
Nicht „Mehr Selbstbewusstsein“, sondern zum Beispiel: „Endlich ohne Knoten im Bauch in Meetings sprechen.“
Diese gedankliche Schärfe, so Coenen, sei später Gold wert für Titel und Untertitel.
Die zweite Frage dreht am Fokus der Zielgruppe:
Wer genau hält dieses Buch in der Hand, und in welcher Situation? „‚Menschen, die sich weiterentwickeln wollen‘ ist keine Zielgruppe“, sagt er. „Eine junge Führungskraft, die zwischen Anspruch und Überforderung steht – das ist ein Bild, mit dem sich arbeiten lässt.“
Je konkreter dieses innere Bild werde, desto präziser könne der Titel die Lebensrealität der Leser:innen treffen. Aus einem abstrakten Versprechen wird ein Satz, der sich anfühlt, als sei er für eine bestimmte Person geschrieben.
Die dritte Frage schließlich gehört zur Ebene der Kante:
Welches Bild, welche Metapher fasst dieses Versprechen so zusammen, dass es im Bauch ankommt? Genau an dieser Stelle entstehen Titel, die sich weitererzählen lassen – im Freundeskreis, im Team, in Social Media.
Fazit
Coenen spricht von Titeln, die „wie kleine Geschichten“ funktionieren. „Die 4-Stunden-Woche“, „Atomic Habits“ oder „Nur wer’s richtig sagt, kommt ans Ziel“ seien Beispiele dafür, wie Sachbuch-Titel Bilder, Emotion und Versprechen in wenigen Worten bündeln. „Wenn ein Titel das schafft“, fasst er zusammen, „dann hat die erste Kugel im Magazin zumindest die Chance, ins Schwarze zu treffen.“ Und genau darum kreist seine Arbeit: Autor:innen zu unterstützen, diesen einen Schuss nicht dem Zufall zu überlassen.
Über Markus Coenen:

Markus Coenen ist Autorencoach und Wirkungsfährmann. Als Autor, Redner und Interview-Host folgt er seiner Mission und teilt das Wissen seiner Klienten und das eigene.
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