Wiebke Hüster ist mehr als eine Kritikerin. Sie ist eine Chronistin der Bewegung. Mit ihrer Liebe zum Tanz, scharfem Verstand und einer unverwechselbaren Sprache prägt sie seit Jahrzehnten den Kulturjournalismus in Deutschland und inspiriert, provoziert und bewegt zugleich.
Wenn man über die großen Stimmen des deutschen Feuilletons spricht, fällt ihr Name fast immer: Wiebke Hüster. Seit vielen Jahren begleitet sie die Welt des Tanzes mit einer Mischung aus analytischer Schärfe und emotionaler Hingabe. Ihre Texte sind keine bloßen Kritiken, sie sind Liebeserklärungen an eine Kunstform, die im Moment lebt und im nächsten schon vergangen ist.
Geboren im Jahre 1965 in Bremen, entdeckte Hüster früh ihre Leidenschaft für Bewegung, Musik und Ausdruck. Während andere nur sahen, wie Tänzer sich über die Bühne bewegten, spürte sie, was dahinterlag. Disziplin, Schmerz, Schönheit und pure Hingabe.
Diese emotionale Verbindung führte sie nicht nur zur Tanzkritik, sondern formte ihr gesamtes Schaffen. Sie studierte Theaterwissenschaft und Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Eine Kombination, die ihr Feingefühl für Inszenierung und Dramaturgie vertiefte. Parallel dazu ließ sie sich an der Tanzakademie der Deutschen Oper Berlin in klassischem Ballett ausbilden und lernte die Cunningham-Technik. Ein Leben zwischen Körper und Kopf, Theorie und Praxis.
Vom Tanzsaal ins Feuilleton – Der Weg einer Beobachterin mit Herz
Nach Stationen in der freien Szene und an Theatern, darunter das Nationaltheater Weimar und das Theater Basel, fand Hüster ihre eigentliche Bühne in der Sprache. Schon früh begann sie, über Tanz zu schreiben. Zunächst für Fachmagazine, später für große Zeitungen.
Ihre Artikel für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) gehören heute zu den prägendsten Texten der deutschen Tanzkritik. Doch sie beschränkt sich nicht auf Lob oder Tadel. Sie beschreibt, erklärt, analysiert und sie tut das mit einem untrüglichen Gespür für Zwischentöne.
Man spürt in jeder Zeile, hier schreibt jemand, der den Tanz liebt, aber ihm zugleich ehrlich begegnet. Hüster hält dem Tanz einen Spiegel vor und nicht, um zu richten, sondern um seine Wahrheit zu zeigen. Ihre Worte haben Gewicht, weil sie aus Erfahrung sprechen. Und aus Leidenschaft.
Die Liebe zum Tanz – Warum Kritik mehr ist als Urteil
Kritik ist für Wiebke Hüster kein Angriff, sondern eine Form der Zuneigung. Wer tanzt, offenbart sich. Wer darüber schreibt, muss ebenso offen sein. Diese Haltung zieht sich durch ihr gesamtes Werk.
In ihren Rezensionen geht es selten nur um Technik oder Choreografie. Sie sucht nach dem, was Tanz im Innersten zusammenhält: Emotion, Ausdruck, Menschlichkeit. Wenn sie über die Bewegungen eines Solisten schreibt, über die Spannung zwischen Musik und Körper, dann liest sich das oft wie Poesie.
Ihre Texte sind geprägt von:
- Sensibilität für die Körperlichkeit des Tanzes
- Respekt vor der Arbeit der Künstlerinnen und Künstler
- Verständnis für die Macht der Emotion
- Klarheit in der Analyse
Es ist diese Kombination aus Gefühl und Intellekt, die ihre Arbeit so einzigartig macht. Sie schreibt nicht nur über Tanz – sie lässt ihn im Kopf der Leserinnen und Leser lebendig werden.
Die Kunst der Kritik – Zwischen Leidenschaft und Präzision
Tanzkritik ist ein Balanceakt. Zu viel Emotion, und der Text verliert an Objektivität. Zu viel Distanz, und er verliert an Seele. Wiebke Hüster meistert diesen Spagat wie kaum jemand sonst.
Ihr Schreibstil ist präzise, manchmal scharf, aber nie leer. Ihre Sätze haben Rhythmus, fast so, als folgten sie einer unsichtbaren Choreografie. Sie ist bekannt dafür, klare Urteile zu fällen. Und sie steht dazu, auch wenn sie anecken. Denn echte Kritik braucht Mut und Leidenschaft zugleich.
In einer Zeit, in der viele lieber applaudieren als argumentieren, bleibt Hüster unbequem. Sie glaubt an die Kraft des Wortes und an die Verantwortung, die damit einhergeht. Diese Haltung macht sie zu einer der wichtigsten Stimmen im deutschen Kulturjournalismus.
Der Tanz der Worte – Wie Sprache Bewegung sichtbar macht
Hüster schreibt, wie Tänzer tanzen, mit Energie, Eleganz und Bewusstsein für Timing. Ihre Texte folgen oft einem inneren Rhythmus, der Leserinnen und Leser mitzieht.
Ein Beispiel: Wenn sie eine Ballettaufführung beschreibt, spürt man förmlich das Knarren des Bühnenbodens, die Spannung der Muskeln, den Atem der Tänzerinnen. Ihre Worte malen Bilder, die bleiben, selbst wenn der Vorhang längst gefallen ist.
Diese besondere Art des Schreibens hat viele junge Kulturjournalistinnen geprägt. Sie zeigt, dass Kritik mehr sein kann als Beobachtung. Sie ist Kunst im eigenen Recht.
Kontroversen und Courage – Wenn Kritik Grenzen überschreitet
Kaum eine Tanzkritikerin hat in den letzten Jahren so polarisiert wie Wiebke Hüster. Besonders ein Vorfall im Februar 2023 machte Schlagzeilen. Der Choreograf Marco Goecke attackierte sie nach einer negativen Rezension. Nach der Premiere selbst beschmierte Goeke sie mit Hundekot. Ein Akt, der weltweit Empörung auslöste.
Doch Hüster reagierte mit Haltung. Sie ließ sich weder einschüchtern noch zum Schweigen bringen. Für viele wurde sie dadurch zu einem Symbol für Pressefreiheit und die Unabhängigkeit von Kunstkritik.
Die Debatte, die darauf folgte, zeigte wieder einmal, dass Kritik kein Luxus ist, sondern eine Notwendigkeit. Sie ist Teil des künstlerischen Prozesses, auch wenn sie unbequem ist. Hüster selbst formulierte es sinngemäß so: „Wer Kunst liebt, muss auch den Mut haben, sie zu befragen.“
Und genau das tut sie. Immer wieder.
Kritik mit Rückgrat – Unabhängigkeit als Prinzip
In der Kulturszene ist Nähe oft unvermeidlich. Hüster bewegt sich in einem Umfeld, in dem viele einander kennen. Umso wichtiger ist ihre Haltung, sich davon nicht leiten zu lassen.
Dass sie mit Jürgen Kaube, einem der Herausgeber der FAZ, verheiratet ist, führte in der Vergangenheit zu Diskussionen. Doch ihr publizistisches Profil steht für sich. Sie urteilt unabhängig, konsequent und mit einem klaren Bewusstsein für ihre Rolle als Kritikerin.
Publikationen und Projekte – Tanz in Buchform
Neben ihren Zeitungsartikeln hat Wiebke Hüster auch Bücher veröffentlicht. Besonders bekannt ist ihre Biografie „Birgit Keil. Ballerina – Glück ist, wenn auch die Seele tanzt“. Darin verbindet sie präzise Recherche mit spürbarer Bewunderung für die porträtierte Künstlerin.
Ihre Texte erscheinen regelmäßig in Zeitungen, Magazinen und Radiosendungen. Sie ist zudem gefragte Referentin bei Tagungen und Podiumsdiskussionen zu Themen wie Tanz, Kulturkritik und Kunstfreiheit.
Derzeit arbeitet sie an neuen Projekten, die ihre Gedanken zur Zukunft des Tanzes bündeln sollen – in einer Welt, in der sich Kunst und Medien rasant verändern.
Birgit Keil. Ballerina – Glück ist, wenn auch die Seele tanzt – eine Biografie
Diese Biografie von Wiebke Hüster erzählt von Birgit Keil. Schon in jungen Jahren erkannte man das außergewöhnliche Talent von Birgit Keil. Große Choreografen des 20. Jahrhunderts sahen in ihr früh eine Tänzerin von besonderer Ausstrahlung und Disziplin. Allen voran John Cranko, der sie 1963 zu seiner Ersten Solistin ernannte. Unvergessen bleibt ihre eindrucksvolle „Giselle“ in Stuttgart, doch Birgit Keil ließ sich nie auf das klassische Repertoire beschränken.
Mit ihrer Neugier und künstlerischen Offenheit arbeitete sie ebenso mit Choreografen wie Hans van Manen, William Forsythe und vielen anderen zusammen, als inspirierende Muse und engagierte Partnerin im kreativen Prozess.
Nach dem Ende ihrer Bühnenkarriere entschied sich Birgit Keil, dem Tanz etwas von dem zurückzugeben, was er ihr geschenkt hatte. Sie wurde eine leidenschaftliche Pädagogin, gründete eine Tanzstiftung und übernahm Aufgaben, die ihr halfen, junge Tänzerinnen und Tänzer zu fördern. Heute leitet sie die Tanzabteilung der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim und ist zudem Direktorin des Badischen Staatsballetts Karlsruhe.
Dieses Buch erzählt von ihren Erfolgen und Rückschlägen, von Freundschaften und Rivalitäten, von ihrer ästhetischen Entwicklung und dem Wandel einer Künstlerin, die seit den glanzvollen 1960er-Jahren dem Tanz treu geblieben ist, mit Leidenschaft, Disziplin und einer unerschütterlichen Liebe zur Bewegung.
Wiebke Hüster und der moderne Kulturjournalismus
Die Welt des Tanzes hat sich verändert und mit ihr die Kritik. Streaming, Social Media und digitale Formate haben neue Formen der Vermittlung geschaffen. Doch Wiebke Hüster bleibt ihrer Linie treu, gründlich, persönlich und präzise.
Ihre Arbeit zeigt, dass echter Kulturjournalismus Zeit und Hingabe braucht. Wer ihre Texte liest, merkt es schnell. Sie schreibt nicht für Klicks, sondern für Menschen, die verstehen wollen.
In einer Gesellschaft, die oft nach schnellen Meinungen sucht, erinnert sie uns daran, dass Denken ein Tanz ist. Einer, der Konzentration, Geduld und Leidenschaft verlangt.
Die Bedeutung ihrer Arbeit für die Tanzwelt
Wiebke Hüsters Kritiken prägen Karrieren, beeinflussen Diskurse und setzen Maßstäbe. Tänzerinnen, Choreografen und Theaterleiterinnen lesen sie, manchmal mit Freude, manchmal mit Zorn. Aber sie lesen sie.
Denn sie wissen, wenn Hüster schreibt, wird darüber gesprochen. Und genau das ist die Aufgabe von Kritik, sie hält die Kunst lebendig, indem sie sie in Bewegung hält.
Fazit – Die Sprache der Bewegung
Wiebke Hüster steht für eine Form der Kulturkritik, die Herz und Verstand vereint. Ihre Texte sind scharf, aber nie kalt; präzise, aber immer getragen von einer tiefen Liebe zum Tanz.
Sie erinnert uns daran, dass Bewegung mehr ist als Körperarbeit – sie ist Ausdruck von Leben. Und Kritik, richtig verstanden, ist kein Urteil, sondern ein Dialog.
Wenn wir ihre Texte lesen, hören wir fast die Musik zwischen den Zeilen. Und wir verstehen: Tanz ist nicht nur Kunst. Er ist Gefühl, Geschichte und Gegenwart in einem Atemzug.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zu Wiebke Hüster
Wer ist Wiebke Hüster?
Wiebke Hüster ist eine deutsche Tanz-, Theater- und Kulturkritikerin. Sie schreibt seit vielen Jahren für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) und zählt zu den einflussreichsten Stimmen der deutschen Tanzkritik. Neben ihrer journalistischen Arbeit ist sie auch Autorin und Essayistin.
Woher kommt ihre Leidenschaft für den Tanz?
Hüster hat selbst eine Tanzausbildung absolviert, an der Tanzakademie der Deutschen Oper Berlin. Diese persönliche Erfahrung prägt ihren Blick auf das Bühnengeschehen und lässt ihre Texte von einer tiefen Liebe zum Tanz und einem Verständnis für die Arbeit der Künstlerinnen und Künstler durchdringen.
Warum ist Wiebke Hüster so bekannt geworden?
Bekannt wurde sie durch ihre prägnanten, oft pointierten Kritiken im Feuilleton der FAZ. Ihre Texte gelten als stilistisch anspruchsvoll, analytisch und zugleich emotional. Zudem rückte sie durch den öffentlich diskutierten Konflikt mit dem Choreografen Marco Goecke 2023 in den Fokus internationaler Medien.
Wofür steht ihre Arbeit im Kulturjournalismus?
Hüster steht für eine fundierte, unabhängige und leidenschaftliche Form der Kulturkritik. Sie verbindet künstlerisches Wissen mit gesellschaftlicher Reflexion und zeigt, dass Kritik mehr sein kann als ein reines Urteil, nämlich ein Dialog, eine Auseinandersetzung und Engagement für die Kunst.
Hat Wiebke Hüster selbst künstlerisch gearbeitet?
Ja. Bevor sie hauptberuflich Journalistin wurde, tanzte sie selbst und arbeitete zeitweise in der Theaterpraxis. Diese Erfahrung verleiht ihren Texten Tiefe und Authentizität, da sie die körperliche und emotionale Dimension des Tanzes aus eigener Erfahrung kennt.
Was macht Wiebke Hüster heute?
Sie schreibt weiterhin regelmäßig für die FAZ, arbeitet für den Hörfunk und veröffentlicht Bücher über Tanz und Kultur. Außerdem engagiert sie sich in öffentlichen Debatten über Kunstfreiheit, Kulturpolitik und die Zukunft der Kritik im digitalen Zeitalter.
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