Migräne ist unsichtbar – und doch allgegenwärtig. Millionen Menschen sind betroffen, viele leiden still. Die schwere neurologische Erkrankung wird oft unterschätzt, belächelt oder sogar stigmatisiert. Thomas Mehr, langjähriger Migränepatient, Medizinjournalist und Autor des Buches „KOPFSACHE – Migräne erkennen, Schmerzen lindern“, bricht das Schweigen. Im exklusiven Gespräch spricht er offen über den schmalen Grat zwischen Schmerz, Selbstzweifel und Stärke und erklärt, was sich gesellschaftlich und beruflich dringend ändern muss.
Herr Mehr, Sie sprechen in Ihrem Buch sehr offen über Ihr Leben mit Migräne. Wann wurde Ihnen bewusst, dass es sich um mehr handelt als gelegentliche Kopfschmerzen?
Thomas Mehr: Der Wendepunkt kam an einem Morgen, an dem ich mit rasenden Schmerzen aufwachte und nicht mehr wusste, wie ich überhaupt noch funktionieren sollte. Ich hatte solche Attacken schon öfter erlebt – aber dieses Mal war alles anders: Die Übelkeit, Sehstörungen, das Licht, das sich wie Nadelstiche anfühlte, das Gefühl, dass mein Gehirn unter Strom steht. Ich war nicht mehr arbeitsfähig, nicht mehr alltagstauglich – ich war schlichtweg ausgehebelt.
Es war mir klar: Das ist nicht einfach „Kopfweh“, das ist eine neurologische Erkrankung.
Und noch schlimmer war: Ich fühlte mich unverstanden – von Kollegen, Freunden, manchmal sogar von Ärzten. Erst die Diagnose Migräne hat dem Ganzen einen Namen gegeben. Und doch blieb das Gefühl zurück, mich rechtfertigen zu müssen – für etwas, das ich mir nicht ausgesucht habe.
Viele Betroffene schämen sich, über ihre Migräne zu sprechen – insbesondere im Berufsleben. Warum ist das so?
Thomas Mehr: Weil Migräne nicht sichtbar ist und deshalb oft nicht ernst genommen wird. Wenn man mit gebrochenem Bein im Büro auftaucht, bekommt man Mitgefühl. Wenn man wegen Migräne ausfällt, bekommt man im schlimmsten Fall ein genervtes Augenrollen. Das erzeugt Druck. Viele trauen sich nicht, offen über ihre Einschränkungen zu sprechen – aus Angst, als „zu empfindlich“ oder „nicht belastbar“ abgestempelt zu werden.
Diese Stigmatisierung ist eine große zusätzliche Belastung. Deshalb war mir beim Schreiben meines Buches wichtig, die Perspektive zu drehen: Migräne ist keine Schwäche – sondern erfordert enorme Stärke, täglich mit ihr zu leben.
Wie lässt sich ein besserer Umgang mit Migräne im beruflichen Umfeld gestalten?
Thomas Mehr: Das beginnt mit Aufklärung und endet bei echter Empathie. Arbeitgeber, Führungskräfte und Kollegen müssen verstehen: Migräne ist nicht steuerbar. Es gibt gute Tage und Tage, an denen einfach gar nichts geht. Wenn Unternehmen hier sensibel und flexibel reagieren, können sie sehr viel bewegen.
Ich plädiere für Maßnahmen wie flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Möglichkeiten, Pausenräume mit Abdunkelung, aber vor allem: eine Kultur des Vertrauens. Wer sich nicht ständig erklären oder beweisen muss, kann besser mit seiner Erkrankung umgehen – und bleibt langfristig leistungsfähiger.
Was raten Sie anderen Betroffenen? Gibt es Strategien, die Ihnen geholfen haben?
Thomas Mehr: Ja, absolut. Der wichtigste Schritt ist: sich selbst ernst nehmen. Ich habe gelernt, meine Trigger zu erkennen – Stress, Schlafmangel, bestimmte Lebensmittel – und mein Leben entsprechend zu strukturieren. Ein Migräne-App war dafür extrem hilfreich. Ich habe begonnen, Pausen aktiv einzuplanen, statt zu funktionieren bis zum Zusammenbruch.
Auch die innere Haltung spielt eine zentrale Rolle: Ich musste lernen, Nein zu sagen, Grenzen zu setzen und Selbstfürsorge nicht als Egoismus zu begreifen, sondern als Notwendigkeit. Das hat mein Leben verändert. Und nicht zuletzt: Sich Hilfe holen – sei es durch medizinische Beratung, Coaching oder Austausch mit anderen Betroffenen. Niemand muss diesen Weg allein gehen.
Ihr Buch heißt „KOPFSACHE – Migräne erkennen, Schmerzen lindern“. Was war Ihre Motivation, es zu schreiben?
Thomas Mehr: Ich lebe seit über vier Jahrzehnten mit Migräne, habe viel Erfahrungen und möchte einen ehrlichen, menschlichen Einblick geben – jenseits von medizinischen Fachbegriffen und Ratgeberphrasen. Es geht mir darum, Migräne sichtbar zu machen. Zu zeigen, dass man nicht schwach ist, wenn man leidet – sondern mutig, wenn man offen damit umgeht.
Ich möchte anderen Betroffenen eine Stimme geben. Und gleichzeitig Brücken bauen – zu einem besseren Verständnis in der Gesellschaft. Denn nur wenn wir aufhören zu urteilen, können wir anfangen zu verstehen.
Zum Abschluss: Was wünschen Sie sich für den gesellschaftlichen Umgang mit Migräne?
Thomas Mehr: Ich wünsche mir eine Welt, in der man nicht als „zu sensibel“ gilt, nur weil man Licht und Geräusche nicht aushält. In der Migräne nicht belächelt, sondern ernst genommen wird. Ich wünsche mir mehr Verständnis in der Medizin, in den Betrieben, in Schulen – und vor allem: mehr Dialog.
Wenn wir es schaffen, offener über Migräne zu sprechen, entlasten wir nicht nur Betroffene – wir schaffen eine Kultur, in der Gesundheit, auch die unsichtbare, ihren Platz hat.
Fazit:
Migräne ist keine Schwäche, kein Mythos und kein Luxusproblem, sondern eine tiefgreifende neurologische Erkrankung, die Empathie und gesellschaftliche Aufmerksamkeit verdient. Thomas Mehr zeigt eindrücklich: Wer offen über seine Migräne spricht, verändert nicht nur sein eigenes Leben, sondern vielleicht auch das seiner Mitmenschen.
Ein Blick in das Buch KOPFSACHE – Migräne erkennen, Schmerzen lindern

Migräne ist mehr als nur ein Kopfschmerz. Sie reißt uns aus dem Alltag, raubt Energie, Lebensfreude – und oft das Verständnis unseres Umfelds.
Doch Sie sind dem nicht hilflos ausgeliefert.
In KOPFSACHE nimmt Thomas Mehr Sie mit auf eine persönliche und zugleich medizinisch fundierte Reise durch die Welt der Migräne – mit dem Ziel, Sie zu stärken, aufzuklären und in die Selbstwirksamkeit zu bringen.
Dieses Buch ist keine bloße Theorie – es ist ein Mutmacher, Wegweiser und ein gut gefüllter Werkzeugkasten in einem.
Was erwartet sie?
–Alltagstaugliche Hilfe: Konkrete Tipps zu Ernährung, Schlaf, Bewegung, Stressbewältigung und mehr – sofort anwendbar und nachhaltig wirksam.
–Verstehen, was im Kopf passiert: Erkennen Sie Ihre persönlichen Auslöser, Symptome und Muster – und lernen Sie, gezielt gegenzusteuern.
–Neue Wege der Behandlung: Von modernen Therapien bis zu bewährten Methoden der Selbsthilfe – wissenschaftlich fundiert und praxisnah erklärt.
–Mehr Lebensqualität trotz Migräne: Beruf, Familie, Freizeit – entdecken Sie Strategien, wie Sie Ihre Migräne in Ihr Leben integrieren, ohne sich einschränken zu müssen.
–Stärken Sie Ihre innere Kraft: Mit Achtsamkeit, Resilienz und einem gestärkten Mindset finden Sie zu neuer Balance und Lebensfreude.
–Zusätzlich im Fokus: Migräne bei Kindern und Jugendlichen, älteren Menschen sowie dem Umgang mit Begleiterkrankungen – für ein umfassendes Verständnis und gezielte Unterstützung in besonderen Lebenslagen.
Ob frisch betroffen oder chronisch geplagt – dieses Buch zeigt:
Sie haben mehr Einfluss auf Ihre Gesundheit, als Sie denken.
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